Mit 20 entdeckte ich während meiner Ausbildung zum Steinmetz-und Steinbildhauer die Skulptur und die Bildhauerei.
Und bin ihr seitdem verfallen.
Ihr und der Musik gilt meine ganze Liebe und Leidenschaft.
Es ist mir von Anfang an leicht gefallen, sie zu verstehen und sie mich.
Der Kampf die Dreidimensionalität im Zweidimensionalen darstellen zu müssen, entfiel schlagartig durch die reale, greif -, fühl – und sichtbare dritte Dimension und es war wie eine Offenbarung. Ein Gefühl der Erleichterung und der reinen Freude. So konnte das also sein!
War die erste Skulptur in meiner überbetrieblichen Ausbildung, ein Hochrelief einer Jesusskulptur nach einem Foto, noch etwas unbeholfen und ungeschliffen, so war es mir dennoch klar, dass ich hier eine Berufung gefunden hatte.
Ich bin ihr immer weiter gefolgt, bin Meister meines Faches geworden, dann Restaurator, um auch hier den wundervollen Werken der Altvorderen längeren Bestand geben zu können. Ich wollte die Mechanismen verstehen, die Beweggründe erkennen, die Technik begreifen und das vollendete Handwerk derer mit klangvollen Namen, wie das der unendlich vielen begnadeten namenlosen Bildhauern erlernen, die mich atemlos vor der grandiosen Stärke und Ausdruckskraft ihrer Werke, ehrfürchtig verstummen ließen. Ehrfürchtig und demütig bin ich noch heute. Dankbar ein Teil davon zu sein.
Froh, dass ich mich meinen Ideen und Gefühlen so darstellen kann.
Bildhauerei geht nicht schnell, die Idee, das Gefühl kann nicht flüchtig sein, nicht kurz oder gar mal eben kann es skizziert werden, es muss wohl durchdacht und überlegt innerlich und äußerlich ausgeformt, gebildet werden.
Doch genau darin liegt ein Geheimnis der Größe und Einmaligkeit des bildhauerischen Ausdrucks verborgen. Das ist die Kunst und die Faszination Der Skulptur. Die Leichtigkeit in der Schwere, das Schnelle im Langsamen, das Endliche im Unendlichen und das Flüchtige im Bestand, in einer Materie darzustellen, die dem scheinbar so deutlich widerspricht, ja oft das Gegenteil zu manifestieren scheint. Bildhauerei ist harte Arbeit, sie dauert lang und ist anstrengend, schmutzig und zermürbend. Sie ist aber auch das Gegenteil dessen. Sie ist lebendig und kraftspendend. Bereichernd, paradoxerweise intuitiv, Raum gebend, unendlich vielseitig, komplex, Freiheit spendend, meditativ… Sie ist wundervoll. Sie ist für mich die Königsdisziplin. Sie ist einzigartig und eine Erfüllung. Kann es sein und ich bin froh, dank ihr das Leben, das Gelebte und mich selbst immer wieder neu erfinden und erschaffen zu können.
Karsten Müller